Walter Bloem

Teutonen

Leipzig : Koehler, 1927

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Inhalt

1. Buch

Die Vestalin Iulia hatte vor zwei Jahren eine heimliche Affaire mit dem jungen Cornelius Sulla. Jetzt erfährt sie, daß er nach Rom zurückgekehrt ist. Vor dem Senat berichtet er von der Niederlage des Consuls Papirius Carbo gegen wilde Stämme aus dem Norden bei Noreia. Iulia trifft sich heimlich mit Sulla im Haus des neureichen Vettius. Dort sind auch der Consular Opimius und die Hetäre Pamphila, die aus Gallien stammt und in Wirklichkeit Vesunna heißt. Sulla will mit ihrer Vermittlung den Stämmen einige gallische Spione nachschicken.

Die Kimbern, Teutonen und Ambronen haben unter Führung des Herzogs Teutobrand das Maintal erreicht, das nach dem Abzug der Helvetier unbesiedelt ist. Teutobrands Sohn Teutobod trifft seine Jugendgespielin Hiltipurch (Hidda) wieder, die einen Angehörigen der Rengerungen-Sippe geheiratet hat, jetzt aber Witwe geworden ist. Die Stämme verbringen den ersten Winter in ihren neuen Siedlungsgebieten. Während die junge Wiba in den Sänger Sicco verliebt ist, denkt Teutobod nach wie vor an Hidda und bittet Sicco, für ihn herauszufinden, wo sich die Rengerungen niedergelassen haben.

Vesunna und ihre drei Gefährten Voccio, Bellovius und Catimandus lassen sich als Illyrier bei den Teutonen nieder. Wiba fragt sich, wo Sicco geblieben ist. Beim Sonnwendfest bringt Sicco Teutobod Nachricht von Hidda. Das Jungvolk führt einen Schwerttanz auf. Vesunna unterhält sich mit Sicco, der anschließend etwas verwirrt ist. Beim Frühjahrsfest vor dem Aufbruch zum Raubzug setzt sich Sicco gegen die älteren Sänger durch. Teutobod reitet zu den Rengerungen, um Hidda zu seiner Frau zu machen, auch wenn die Sitte dagegen steht.

2. Buch

In Rom agitiert der Volkstribun Marius gegen die Nobilität, die im Krieg gegen Jugurtha Verrat begangen habe, doch der Senatsführer Aemilius Scaurus kann die Menge für sich gewinnen. Iulia wird von Opimius gewarnt, daß Marius hinter ihr Verhältnis mit Sulla (der sie inzwischen verlassen hat) gekommen ist und sie anklagen will. Sie beschließt, sich direkt an Marius zu wenden. Marius debattiert mit seinem Freund Rutilius und Sulla über mögliche Reformen für Rom. Er ist für ein Heer aus Proletariern und Provinzialen.

Nach dem Raubzug zu den Treverern läßt Teutobrand die Priesterinnen rufen, weil beim Volk Verstimmung über die harte Lage in der Helvetierwüste aufkommt, und erhält einen rätselhaften Spruch. Der Alte ist unzufrieden mit der Brautwahl seines Sohnes.

Sicco hat mit seinen neuartigen Gesängen bei allen Stämmen, die er besuchte, großes Aufsehen erregt. Nach seiner Rückkehr ist er hin- und hergerissen zwischen Wiba und Vesunna. Vesunna verführt Sicco, kann ihn aber nicht halten.

Nach der Brautwerbung bei den Rengerungen wird die Hochzeit von Teutobod und Hidda vorbereitet. Vesunna mischt sich unter die Teutonenmädchen und stiftet beim gemeinsamen Bad mit den Jungmännern große Verwirrung. Bei der Hochzeitsfeier hängen manche Anwesenden düsteren Gedanken nach. Der Bräutigam besiegt den Kimbernfürsten Boiorix (ursprünglich ein Kelte) im Sprung über sechs Pferde.

Als Marius als Militärtribun nach Africa berufen wird, beschließt er, Iulia zu heiraten, und setzt beim Pontifex maximus durch, daß er sie mit einem Trick aus dem Dienst der Vesta freigibt. Weil Sulla in Africa ist, bringt Voccio seine Botschaft vom Aufbruch der Stämme nach Gallien zu Scaurus. Der läßt den Statthalter Silanus benachrichtigen, doch später trifft die Nachricht ein, daß die römischen Truppen erneut vernichtend geschlagen wurden.

Die Stämme ziehen durch Gallien und schlagen das römische Heer. Eine Gesandtschaft von dreißig Leuten unter Führung Teutobods reist nach Rom. Die Gesandten sind beeindruckt von der Reise und der Stadt Rom. Vettius kümmert sich um die dreißig und versucht, sie bei einem Gastmahl von jungen Mädchen verführen zu lassen; Teutobod, Boiorix (der Vesunna geheiratet hat) und einige andere entziehen sich, nicht aber Sicco.

Nach Erfolgen der Römer in Africa plant Iulia die Hochzeit mit Marius und dessen Bewerbung um das Consulat, wofür sie vergeblich bei Scaurus um Unterstützung bittet und sich deshalb ganz der demokratischen Partei ergibt.

Nach der Rückkehr der Gesandtschaft beschließen die Stämme, sich im Land der Kelten niederzulassen. Wiba redet Sicco ins Gewissen. Die mit den Kimbern, Teutonen und Ambronen verbündeten Tiguriner und Tougener haben die Römer geschlagen. Sicco trifft auf Vesunna und kann sich ihr mit Mühe entziehen.

Iulia reist zur Hochzeit nach Afrika und trifft dort den Feldherrn Metellus, der sich nicht so einfach durch Marius ersetzen lassen will. Zur Hochzeit im Heer hat Marius außer Rutilius auch Sulla geladen, der sich vornimmt, sich eines Tages an Marius zu rächen. Metellus versucht vergeblich, Marius an der Bewerbung ums Consulat zu hindern.

3. Buch

Teutobod ist unzufrieden mit der Untätigkeit der wandernden Völker und bringt seinen Vater dazu, Späher auszusenden. Die Kundschafter bringen Nachricht, wo noch kampfbereite Kelten und vor allem, wo die Römer sind. Das Thing der vereinigten Stämme beschließt, gegen die Heere des Proconsuls Caepio und des Consuls Mallius auszurücken. Sicco hat einen neuen Schlachtgesang gedichtet; Wiba verspricht, auf ihn zu warten. Vesunna informiert weiterhin die Römer über die Pläne der Gegner. Angesichts des bevorstehenden Kampfes löst sich Boiorix allmählich aus der Verstrickung seiner Frau. Zusammen mit Teutobod führt er den Vortrupp und greift eine römische Legion an.

Marius kehrt nach der (von Sulla bewerkstelligten) Gefangennahme Iugurthas als Triumphator nach Rom zurück. Doch eine Seherin warnt ihn, daß sein Erfolg den Niedergang Roms beginnen wird, und tatsächlich erscheinen die Führer des Senats, die Marius um Führung im Kampf gegen die Stämme bitten, die in einer gewaltigen Schlacht bei Arausio achtzigtausend Römer erschlagen haben.

4. Buch

Teutobod ist nach dem Schlachtentod seines Vaters Herzog geworden. Die Stämme haben sich eine Zeitlang getrennt, doch wieder vereinigt, als Teutobod zum Marsch auf Rom ruft. Die Kimbern unter Boiorix freilich sollen auch jetzt allein über die Alpen ziehen, während die Teutonen den Truppen des Marius in Gallien entgegentreten. Vesunna besucht die kühl-abweisende Hidda.

Iulia besucht ihren Mann im Lager, der mit den Soldaten übt, aus denen er ein ganz neues Heer geschaffen hat.

Sicco findet Vesunna und Catimandus halb tot, von Boiorix wegen intimer Umarmungen verstoßen, wie sie berichten. Teutobod nimmt sie bei den Teutonen auf, die vorerst untätig dem Heer des Marius gegenüberliegen. Sicco versucht weiter, seine Dichtungen zu verbessern. Die Priesterinnen teilen Teutobod einen neuen geheimnisvollen Spruch mit.

Catimandus berichtet Sulla vom Abmarsch der Teutonen. Marius läßt die Stämme vorerst am Lager des Heeres vorbeiziehen. Die Ambronen in der Nachhut geraten schließlich mit den nachfolgenden Römern aneinander und drohen der Übermacht zu erliegen. Teutobod führt die Teutonen in den Kampf, und Sicco hat endlich den gemeinsamen Namen für die Stämme gefunden ­ Germanen.

Marius ist unzufrieden mit dem bisherigen Gang der Kämpfe, die noch keine Entscheidung gebracht haben.

Die Frauen bleiben zurück, als die Teutonen in den Kampf ziehen. Vesunna flieht zu den Römern, doch Sulla nimmt sie kühl auf und läßt sie umbringen. Der Kriegsrat der Teutonen entscheidet sich für den Angriff. An der Spitze des Schlachtkeils steht Teutobod mit seinem Bruder und Sicco, der einen neuen Schlachtgesang geschaffen hat.

Marius läßt seine Truppen den Germanen entgegentreten und reiht sich selbst in die Schlachtfront ein.

Die Germanen rennen gegen die römische Stellung an, und Teutobod trifft auf Marius, der ihn verwundet. Am Hang kann der kimbrische Keil die römischen Reihen nicht durchbrechen, und Teutobod nimmt seine Leute zurück, um sie neuzuformieren. Doch ein römischer Flankenangriff bringt die Entscheidung; Teutobod fällt.

Voller Anspannung warten Frauen und Kinder der Germanen im Lager. Als die Nachrichten von der Niederlage eintreffen und auch der sterbende Sicco, schreiten die Frauen unter Führung Hiddas und Wibas zur Verteidigung der Wagenburg. Doch sie können den anstürmenden Legionaren nicht ewig Widerstand leisten. Hidda setzt den Karren mit sich und den Kindern in Brand.

Marius, der zum fünften Mal zum Consul gewählt ist, besichtigt in Begleitung von Iulia und Sulla das Schlachtfeld und die Wagenburg, wo einige Frauen unter Führung Wibas immer noch kämpfen und sich schließlich den Tod geben, als das Lager in Flammen aufgeht.

Bewertung

Ein typischer Vertreter des germanentümelnden Genres, durchzogen vom Gedanken, daß Zug, Kampf und Untergang der Teutonen nur das Vorspiel zum schließlichen Sieg der Germanen darstellten. In mancher Hinsicht ist das Werk dabei noch recht zurückhaltend, verglichen mit anderen, die den Führergedanken oder die rassische Überlegenheit der Germanen noch eindringlicher verkündeten. Das Germanenbild bleibt hier noch recht konventionell und ist auch auf zeitgenössische Kritik gestoßen (siehe unten), die dem Autor vorwarf, den Germanen nicht die Kulturhöhe zugewiesen zu haben, auf die ein Kossinna und seine Nachfolger sie damals setzten. Doch auch für Bloem sind die Germanen wahre Übermenschen: "ungebrochene, kindlich keusche Gesundheit naturnahen Volkstums, geladen mit ungeheuren Kräften, die alternde Welt des Südens zu verjüngen und zu erneuern" (77). Dazu trägt schon ihre äußere Erscheinung bei; sieben Fuß große Germanen werden von Teutobod noch "um Haupteslänge" überragt (76). Der Roman endet mit der Vernichtung der Teutonen bei Aquae Sextiae; daß es den Kimbern in Oberitalien nicht besser ergehen wird, muß der Leser aus anderen Quellen wissen.

Auch die Darstellung des Roms der späten Republik ist sehr verzerrt und klischeehaft. Deutlich soll sie in erster Linie dazu dienen, die Verdorbenheit Roms herauszustellen, die mit dem gesunden Germanentum kontrastieren sollte. Vieles stammt natürlich aus Sallust oder Plutarch, ist aber sehr vergröbert, wozu auch die reichlich verwendete moderne Terminologie beiträgt. Diese macht einmal mehr den politischen Standpunkt des Autors deutlich, wenn er die "lüsterne Schnüffelei der Demokratie" (8) beklagt.

Die Handlung um die ehemalige Vestalin Iulia, die erst eine Affaire mit Sulla hat und dann Marius heiratet, ist größtenteils Fiktion. Antiquaria sind oft zweifelhaft oder falsch (Stahlschilde bei den Römern [331], dafür wieder einmal Steinbeile bei den Germanen [17]). Im Altertum gab es keine Zuckerrohrpflanzer (287); auch Kohlenschlepper (288) ist kein antiker Beruf. Die Altersangaben bei den Römern sind recht willkürlich: Sulla scheint etwa gleichaltrig mit Marius zu sein; dieser ist, obwohl schon fünfundvierzig Jahre alt (93), der "jüngste Tribun" des Metellus (151); Aemilius Scaurus ist bereits 62 (152).

Weitere Meinungen

Edmund Weber, "Germanenschilderungen in neueren geschichtlichen Romanen", Zeitschrift für Deutschkunde 50 (1936), 192-195:

"Der bekannte Schriftsteller hatte das erschütternde Schicksal eines der drei durch die Sturmfluten der Nordsee auf Landsuche getriebenen Stämmen als Stoff für ein geschichtliches Gemälde genommen. Diese Wahl bot eine reiche Gelegenheit, mit einer ganzen Reihe landläufiger Irrtümer über die Kultur der frühgeschichtlichen Germanen aufzuräumen. Es muß jedoch ausgesprochen werden, daß Bloem sie nicht so ausgenutzt hat, wie es möglich gewesen wäre. Er hat die römischen Verhältnisse treffend gezeichnet, aber bei den germanischen hat er sich zu stark von seinen antiken Quellen beeinflussen lassen. Das ist schade [...] An einigen Beispielen sei gezeigt, wo die Schwächen in dem Germanenbilde liegen, das er in seiner packenden und anschaulich geschriebenen Erzählung gibt."

Weber kritisiert: die Kleidung und Haarfarbe der Germanen, ihre ungestüme Kampfesweise, die Steinbeile, die Lockerung der Sitten beim Jungvolk, die Schiffahrt, den primitiven Schlachtgesang.