Jutta Laroche

Arminius : Fürst der Cherusker

Hamburg : DDV-Verl., 1993.

(Zur Inhaltsangabe)

Bewertung

Einer aus der nicht ganz kleinen Zahl von Arminius-Romanen, die seit Anfang der 1990er Jahre erschienen sind, stellt sich das Werk Laroches als recht typischer Vertreter der Gattung dar. Zwar ist die moderne Forschung zumindest teilweise rezipiert (so bleibt Arminius bis zur Schlacht römischer Offizier, während frühere Autoren verzweifelt versuchten, das Odium des Verrats von ihm zu nehmen, indem sie ihn rechtzeitig den Dienst quittieren ließen), aber trotzdem kann die Verfasserin sich nicht so recht von der Darstellung des Arminius als Kämpfer für die Freiheit der Germanen lösen, ein Bild, zu dem zugegebenermaßen die bekannten Passagen des Tacitus verleiten können, deren Interpretation aber doch alles andere als simpel ist.

Viele Züge kehren bei Laroche wieder, die sich ganz ähnlich auch schon bei früheren Darstellungen finden und hier teilweise noch stärker ausgebreitet sind, so die ganze Thusnelda-Geschichte oder Arminius’ Scheitern an der Uneinigkeit der Germanen. Immerhin hat die Autorin den Versuch unternommen, Arminius ein wenig komplexer zu zeichnen, aber viel mehr als die homosexuelle Beziehung zu Varus ist dabei nicht herausgekommen. Direkte Germanentümelei fehlt immerhin, und die Siegfriedsage wird nur im Nachwort erwähnt, aber nicht zur Ausgestaltung der Handlung verwendet (auch wenn eine Nebenfigur den Namen »Hunding« trägt).

Manche Abschnitte bestehen aus einer direkten Quellenparaphrase, so beim Besuch des Germanicus auf dem Schlachtfeld des Teutoburger Waldes (S. 298-299), übernommen aus Tac. ann. 1, 61–62, aber mit noch einmal deutlich gesteigerten Pathos. Auch das Nachwort macht klar, daß die Autorin von Quellenkritik noch nichts gehört hat; dementsprechend sind auch zum Beispiel Marbod, Tiberius oder Seianus völlig konventionell gezeichnet.

Es gibt manche antiquarischen Schilderungen in der Tradition des Genres, die zum oftmals banal-weitschweifigen Stil des Werks beitragen. Die Zahl nachweisbarer faktischer Fehler ist überraschend gering:

Caecinas Name wird durchgehend als »Cäsina« wiedergegeben. Außerdem findet sich das rätselhafte »Campanium« (S. 259); dagegen gehören »Mogonthiacum« oder »Rastia« wohl zu den zahlreichen Druckfehlern (es gibt auch einige orthographische Unsicherheiten der Autorin).

Inhalt

Prolog

Arminius wartet an einem alten Thingplatz und denkt über sein bisheriges Leben nach.

1. Kapitel (4 n. Chr.–6 n. Chr.): Augustus

Nachdem Tiberius einen Aufstand der Germanen niedergeworfen hat, nimmt er die formelle Unterwerfung der cheruskischen Häuptlinge entgegen, obwohl viele von ihnen wie Sigimer und Segestes gar nicht am Aufstand beteiligt waren. Den jungen Sohn Sigimers, Irmin (später Arminius genannt) nimmt er als Geisel mit nach Rom. Augustus empfängt den jungen Cherusker und läßt ihn in der Hofschule ausbilden, später auch auf der Militärakademie, wo Arminius die Bekanntschaft des Offiziers Velleius Paterculus macht. Eines Nachts rettet Arminius einen jungen stotternden Mann vor einem Überfall. Es ist Claudius, Sohn des verstorbenen Drusus und Bruder des Germanicus, der den Germanen zu einem Fest einlädt. Germanicus und Arminius sind sich sympathisch, spüren aber, daß etwas sie trennt. Augustus, der Arminius zum Ritter gemacht hat, schickt ihn zum ersten Mal in den Kampf nach Pannonien. Arminius verabschiedet sich von seinen Freunden, auch dem griechischen Freigelassenen Timon, der von tiefer Verachtung gegenüber Rom erfüllt ist.

2. Kapitel (6 n. Chr.–8 n. Chr.): Publius Quintilius Varus

Einige Zeit dient Arminius im pannonischen Aufstand und wird vom Feldherrn Tiberius ausgezeichnet; dann versetzt man ihn als Hilfstruppenpräfekt nach Germanien, wo Quintilius Varus neuer Statthalter ist. Varus nimmt Arminius freundlich auf, auch wenn er sonst starke Vorurteile gegenüber den germanischen »Barbaren« erkennen läßt. In Castra Vetera trifft Arminius Velleius wieder.

Zum ersten Mal seit vier Jahren reist Arminius wieder in seine Heimat. Er trifft auf den Bruktererfürsten Runguir, dessen Schwiegersohn Rahan und den Cherusker Segestes, bevor er zu Hause seine Eltern und seinen Bruder Flavus wiedersieht. Arminius merkt, daß ihm als römischem Offizier von vielen Seiten Mißtrauen entgegenschlägt, auch beim großen Frühlingsfest, bei dem er Segestes' junge Tochter Thusnelda sieht. Als die Nachricht eintrifft, daß die Römer ein Fest der Marser überfallen haben, reist Arminius ab, um mit Varus zu sprechen. Vorher verlangt Rahan von ihm, den Römern nichts von der feindlichen Stimmung bei den Germanen zu verraten, und Arminius verspricht, nicht gegen sein Volk zu handeln. Arminius kommt gerade rechtzeitig, um mitzuerleben, wie Varus zwei Marserfürsten hinrichten läßt. Auch die später eintreffenden Fürsten der Cherusker müssen diese Schandtat hinnehmen. Arminius bricht jetzt, vorerst noch insgeheim, mit Rom und will Rache nehmen. Am Ende des Sommer erhält er die Nachricht, daß sein Vater gestorben ist.

3. Kapitel (9 n. Chr.–9 n. Chr.): Gajus Julius Arminius

Arminius zerstreut durch eine List das Mißtrauen vieler Römer, das seine Pläne gefährden könnte. Bei Varus steht er weiterhin in hohem Ansehen, muß sich dem Feldherrn aber auch körperlich hingeben.

Bei einer Versammlung der Fürsten verschiedener Stämme am Felsheiligtum im Saltus Teutoburgiensis wird Arminius zum Anführer bestimmt und berichtet von seinem Plan, das römische Heer auf dem Marsch zu überfallen. Im Herbst soll es soweit sein; Arminius kann Varus dazu bringen, mit allen drei Legionen gegen angebliche Aufständische auszurücken. Vor dem Abmarsch versucht der mißtrauische Segestes noch einmal, Arminius als Verräter anzuklagen, doch Varus will nichts von einer Untreue seines Geliebten wissen.

Arminius läßt das Heer tief in den Wald führen. Unmittelbar vor dem Überfall verläßt er die Römer. Bei einem aufkommenden Unwetter brauchen Varus und seine Offiziere einige Zeit, bis sie verstehen, was vor sich geht. Wie Arminius vorausgesehen hat, können die Römer im Waldgelände ihre Überlegenheit nicht ausspielen. Nach dem ersten Kampftag ist schon die Hälfte von ihnen vernichtet. Arminius erfährt, daß auch Inguiomer und - von seinen Leuten gezwungen - Segestes sich dem Kampf angeschlossen haben. Die Lage für Varus wird immer verzweifelter, und schließlich gibt er sich im Angesicht des Arminius selbst den Tod. Arminius hat Schwierigkeiten, die Germanen im Bewußtsein ihres Triumphs weiterhin von der Notwendigkeit gemeinsamen Handelns zu überzeugen.

In Rom erfahren Augustus und Germanicus von einem Kurier die Unglücksbotschaft. Germanicus ist tief getroffen vom Verrat des Arminius. Augustus schickt den siegreich aus Pannonien zurückgekehrten Tiberius an den Rhein, um das Imperium zu schützen.

4. Kapitel (9 n. Chr.–13 n. Chr.): Thusnelda

Der Markomannenkönig Marbod lehnt es ab, sich dem Aufstand gegen Rom anzuschließen, läßt Arminius' Gesandte in den Kerker werfen und das übersandte Haupt des Varus nach Rom bringen. Arminius ist bei der in seinen Augen unsinnigen Belagerung der Festung Aliso an der Lippe und erfährt von Segestes' Sohn Segimund, der seinen Dienst als römischer Priester verlassen hat, daß Tiberius an den Rhein kommen soll. In Rom unterhält sich Germanicus mit Claudius über die Ereignisse. Dem Lagerkommandanten Caedicius gelingt es, mit seinen Leuten unter nur geringen Verlusten aus Aliso zu flüchten. Tiberius trifft am Rhein ein und läßt sich über die Lage unterrichten. Er lernt Flavus kennen, der sich für den Verrat seines Bruders schämt, und befiehlt, ihn zu einem römischen Soldaten zu machen. Arminius ist erschüttert, als er von Marbods Ablehnung des Angebots und der Mißhandlung der Gesandten erfährt.

Tiberius setzt bei Frühlingsbeginn zwar auf die rechte Rheinseite über, unternimmt aber keinen größeren Feldzug. Als Arminius im Sommer erfährt, daß Thusnelda bald den Chatten Ansgar heiraten soll, reitet er zur Burg des Segestes und entführt Thusnelda, die freiwillig mit ihm kommt. Doch nicht nur Segestes, sondern auch viele andere Cherusker sind unwillig über Arminius' Tat. Bei der Hochzeitsfeier von Arminius und Thusnelda erscheint Segestes' Gefolgsmann Skandor und protestiert gegen die Heirat. Es kommt zu einem Zweikampf, bei dem Arminius siegreich bleibt, doch das Blutvergießen am Hochzeitstag und eine dunkle Bemerkung über Arminius' früheres Verhältnis zu Varus trüben das Glück der Ehe von Anfang an. Drei Jahre später kommt die Nachricht, daß Tiberius als römischer Statthalter abgelöst ist - sein Nachfolger ist Germanicus.

5. Kapitel (14 n. Chr.–17 n. Chr.): Julius Cäsar Germanicus

Nach dem Tod des Augustus wird Tiberius sein Nachfolger. Die Truppen am Rhein meutern; sie hätten lieber Germanicus als Kaiser. Der Feldherr überfällt die Marser bei einer heiligen Feier und richtet ein furchtbares Massaker an. Arminius bereitet sich daraufhin auf den Feldzug des kommenden Jahres vor.

Thusnelda ist schwanger. Als Arminius abgereist ist, um im Süden gegen Germanicus zu kämpfen, läßt Segestes seine Tochter gewaltsam auf seine Burg bringen. Arminius will sie befreien, doch Segestes ruft die Römer zu Hilfe. Germanicus verjagt die belagernden Germanen und schafft Segestes mit seiner Familie über den Rhein, auch Thusnelda, die mit zwei Freundinnen ungebrochen in die Gefangenschaft geht.

Arminius brennt auf Rache und erkundet die Pläne des Germanicus, der in drei Marschsäulen in das Land der Brukterer zieht und von dort aus den Schauplatz der Varusschlacht besucht. Arminius plant, die Römer auf dem Rückmarsch anzugreifen. Es kommt zu harten Kämpfen gegen die Truppen des Legaten Cäsina, doch aufgrund der Unbesonnenheit mancher germanischer Führer können die Römer entkommen.

Germanicus und seine Legionen gelangen, wenn auch unter Verlusten, an den Rhein zurück, und der Feldherr plant gegen den Willen des Kaisers einen neuen Feldzug im nächsten Jahr. Tiberius läßt ihn vorerst gewähren, und der Gardepräfekt Seianus glaubt seine Chance für zukünftigen Machtgewinn zu erkennen.

In Augusta Vindelicorum bringt Thusnelda einen Sohn zur Welt. Als ein Soldat die Germaninnen bedrängt, verteidigt Hildis, die Frau Rahans, ihre Freundin und wird dabei getötet. Im Frühjahr überfallen die Römer ein Heiligtum der Chatten und ziehen dann an die Weser, wo ihnen Arminius mit seinen Leuten gegenüberliegt. Es kommt zu einer Unterredung zwischen Germanicus und Arminius, der darum bittet, mit seinem Bruder sprechen zu können. Doch der Wortwechsel mit Flavus endet im Streit. Beide Heere rüsten sich zur Schlacht.

Durch das Ungestüm Inguiomers entbrennt sie zu früh, und die Germanen können ihre Vorteile nicht ausnutzen. Arminius wird im dichten Kampfgetümmel schwer verwundet und kann nur knapp entkommen. Nach dem unentschiedenen, aber verlustreichen Kampf sind die Germanen zunächst niedergeschlagen, bis ein von Germanicus errichtetes Siegesmal ihre Wut wieder anfacht.

Sie ziehen den Römern zum Grenzwall der Angrivarier hinterher, wo es erneut zur Schlacht kommt, wiederum ohne klaren Sieger, aber die Römer ziehen ab. Als die Gefangenen geopfert werden sollen, kommt es zu einer Konfrontation zwischen Arminius und dem Wächter Helmgar, mit dem Arminius schon einmal aneinandergeraten ist.

Nach schweren Verlusten der Flotte auf der Rückfahrt wird Germanicus gegen seinen Willen von Tiberius abberufen. In Rom hält er einen Triumphzug, bei dem die gefangenen Germanen mitgeführt werden, unter ihnen Segimund und Thusnelda mit ihrem Sohn Thumelicus, die nur einmal aus der Fassung gerät, als sie ihren Vater unter den zuschauenden Ehrengästen sieht.

6. Kapitel (17 n. Chr.–21 n. Chr.): Marbod

Marbod fürchtet wie einige Chattenfürsten die zukünftige Übermacht des Arminius und plant, gegen ihn vorzugehen. Die meisten Gefangenen aus dem Triumphzug werden hingerichtet oder in die Sklaverei verkauft; nachdem Germanicus versucht hat, sich Thusnelda zu nähern, läßt er sie und Thumelicus nach Ravenna bringen. Arminius erfährt von ihrem Schicksal, aber nicht von ihrem Aufenthaltsort. Seine Mutter stirbt; bei der Trauerfeier kommt es zum Streit zwischen ihm und Inguiomer, der auf Seiten Marbods steht; er wirft seinem Neffen die Beziehung zu Varus vor und kann einen großen Teil der Cherusker auf seine Seite bringen. Aber auch Stämme aus dem Machtbereich Marbods wechseln zu Arminius über. Es kommt zur Schlacht, aus der sich Marbod zurückzieht. Arminius verzichtet auf die weitere Verfolgung, nachdem ihm Rahan übergroßes Machtstreben vorgehalten hat. Marbod muß zu den Römern fliehen, als der Gote Catualda sein Reich angreift.

Seianus plant, Drusus, den Sohn des Tiberius, und Germanicus zu beseitigen, die seiner eigenen Machtergreifung im Weg stehen. Germanicus stirbt in Syrien unter mysteriösen Umständen. Der ebenfalls in Ravenna internierte Marbod besucht Thusnelda und ihren Sohn. Arminius hat nach wie vor mit dem Mißtrauen der anderen Cherusker zu kämpfen.

Epilog

Arminius trifft sich mit den Führern der Stämme und beschwört sie, zur Bewahrung der Freiheit zur Einigkeit zurückzufinden; dazu gehöre auch ein einziger Führer. Die anderen weigern sich, Arminius zum König zu machen, und bringen ihn um.

17. März 2007: Reihenfolge umgestellt, kleine Korrekturen.