Allan Massie

Caesar

London : Hodder & Stoughton, 1993; London : Sceptre, 1996

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Inhalt

Der Ich-Erzähler ist Decimus Brutus, der sich während seiner Gefangenschaft bei den Galliern an Caesar erinnert.

1. Caesar ist im Begriff, den Rubicon zu überschreiten und damit den Bürgerkrieg zu eröffnen. Seine Offiziere Decimus Brutus und dessen Cousin Casca unterhalten sich über ihre Aussichten. Am nächsten Abend sind sie in Rimini; der Bürgerkrieg hat begonnen. Caesar verteidigt seinen Standpunkt vor seinen Anhängern, von denen Antonius besonders siegesgewiß ist.

2. Brutus erinnert sich, wie Caesar im gallischen Krieg bei der gefahrvollen Belagerung von Alesia siegreich blieb und den gallischen Anführer Vercingetorix gefangennahm, und an seine erste Begegnung mit Caesar, als dieser Liebhaber seiner Mutter war. Seinem Bewacher, dem Gallier Artixes, versucht er den Charme Caesars zu erklären und die Gefahr für die Republik, die von ihm ausging.

3. Brutus beschreibt, wie er in Caesars Begleitung in Ägypten war, nachdem Pompeius in der Schlacht von Pharsalus vernichtend geschlagen wurde. Die Ägypter bringen Pompeius um, was Caesar durchaus gelegen kommt, trotz der nach außen zur Schau gestellten Trauer um seinen Widersacher und einstigen Verbündeten. Die Lage in Alexandria ist für die Römer allerdings zunehmend gefährlich, auch als die junge Königin Kleopatra sich zu Caesar bringen läßt und seine Geliebte wird (einmal auch die von Brutus).

4. Brutus kehrt aus Ägypten nach Rom zurück, wo er Caesars Frau Calpurnia trifft. Er sucht seine frühere Geliebte Clodia auf und erinnert sich, wie sie in einem Skandalprozeß von Cicero angegriffen wurde. Jetzt ist sie todkrank und rät Brutus, Caesar umzubringen.

5. Caesar kehrt nach Italien zurück, während sein als Verkörperung der römischen Tugenden geltender Widersacher Cato noch in Afrika ist. Anderen Gegnern wie Marcus Brutus hat er nach der Schlacht von Pharsalos verziehen. Caesars Armee meutert, und auf den Rat von Decimus Brutus kann er die Soldaten wieder zum Gehorsam bringen, indem er sie beschämt.

6. Während Caesar in Afrika kämpft, bleibt Brutus in Rom zurück, wo er mit Cicero über Caesars künftige Rolle in der römischen Republik debattiert. Bei Cicero begegnet ihm der junge Octavius, Caesars Neffe, mit dem er ein Verhältnis beginnt, auch wenn er seit kurzem mit Longina, der Tochter von Cassius verheiratet ist, ebenfalls ein früherer Gegner Caesars. Auch mit diesem erörtert Brutus das Problem, wie Caesar sich auf Dauer in den Staat einfügen will.

7. Caesar kehrt siegreich aus Afrika zurück und feiert vier Triumphzüge. Nach dem über Gallien läßt er Vercingetorix umbringen, obwohl Brutus ihm nahelegt, die gleiche Gnade walten zu lassen wie gegenüber seinen römischen Gegnern; Caesar weist dies brüsk zurück. Als Cicero eine Ehrung des toten Cato veröffentlicht und darin indirekt Caesars Alleinherrschaft kritisiert, muß Brutus unter Caesars Namen eine Entgegnung schreiben, in der Catos Ansehen herabgesetzt wird. Das Werk erzielt seine Wirkung, aber Brutus denkt darüber nach, ob Cicero nicht doch Recht hat.

8. Caesar reist zu einem weiteren Feldzug nach Spanien. Diesmal begleiten ihn Brutus und Octavius, die ihre Affäre beendet haben. Der betrunkene Antonius behauptet allerdings, daß Octavius sich jetzt seinem Onkel hingibt. Bei Munda kommt es zur Schlacht, die durch das Geschick des gegnerischen Anführers Labienus für Caesar lange ungünstig aussieht, bis er schließlich doch siegreich bleibt und diesmal keine Gnade walten läßt: die Besiegten werden hingerichtet.

9. Octavius reist zu Studien nach Griechenland. Als Brutus nach Rom zurückkehrt, findet er seine Frau im Bett mit Appius Claudius Pulcher. Er trägt es mit Fassung, läßt den jungen Mann aber weit weg schicken, wo er später stirbt. Longina besteht darauf, Caesar einzuladen, und gibt sich auch dem Dictator hin, wie so viele Römerinnen vor ihr.

10. Brutus überlegt, worauf seine Loyalität zu Caesar beruht. Labienus hat ihm nach Pharsalus einen Brief geschrieben, in dem er seinen Übergang von Caesar zu Pompeius begründet, nämlich weil mit Caesar keine Wiederherstellung der Republik möglich ist, sondern Rom zu einer orientalischen Tyrannenherrschaft wird. Damals hat Brutus den Brief ignoriert, denkt aber nach Labienus' Tod wieder über die darin aufgeworfenen Fragen nach.

11. Caesar erhält nach seinem Sieg große Ehrungen, weist aber eine Leibgarde zurück. Er hält trotz Brutus' Bedenken einen Triumph wegen des Siegs in Spanien ab. Brutus schreibt an Octavius und bittet ihn, auf Caesar mäßigend einzuwirken. Octavius hält sich in seinem Antwortschreiben allerdings bedeckt. Brutus rät im Auftrag Caesars Cicero davon ab, eine Geschichte Roms zu schreiben.

12./13. Caesar verfolgt zahlreiche Pläne, weicht aber einer Neuordnung der Verfassung aus. Außerdem plant er einen großangelegten Feldzug gegen Parthien, auch um der Tagespolitik in Rom zu entkommen.

14. Brutus spricht mit weiteren Leuten, die unsicher sind über die Zukunft Roms unter Caesars Herrschaft, darunter Casca und Calpurnia. Sie behauptet, daß Kleopatra ihren Mann verzaubert habe, und bittet Brutus, die Königin zu ermorden. Brutus findet zeitweiligen Trost bei seiner Frau, wird aber wieder unruhig, als ein Brief von Octavius eintrifft, der das Gerücht gehört hat, Caesar wolle Kleopatras Sohn Caesarion offiziell als sein Kind anerkennen.

15. An den Saturnalien erscheint der betrunkene Antonius bei Brutus und spricht von einer Verschwörung gegen Caesar, der unter anderem Cassius und Marcus Brutus angehören. Wieder nüchtern, äußert er auch die Vermutung, daß Caesar im aussichtslosen Partherkrieg den Tod sucht. Brutus will den Dictator von seinen Plänen abbringen und fordert ihn auf, die Verfassung Roms wieder herzustellen, aber Caesar legt dar, daß die Republik ein für alle Mal untergegangen ist und Rom nur durch seine Alleinherrschaft fortbestehen kann.

16. Am Beginn des neuen Jahres hält Cassius ein Gastmahl ab, bei dem er viele einlädt, die mit Caesar unzufrieden sind. Er läßt sie einen Eid zur Verschwiegenheit schwören (den Marcus Brutus verweigert, der deshalb vorzeitig geht) und legt die Lage Roms unter der Herrschaft Caesars dar, jedoch noch ohne zu konkreten Handlungen aufzurufen. Cassius möchte unbedingt Marcus Brutus für die beginnende Verschwörung gewinnen.

17. Brutus überlegt, ob er auch Antonius ansprechen soll. Noch einmal redet er auf Caesar ein und beschwört ihn, auf den Partherfeldzug zu verzichten und stattdessen die Verfassung wiederherzustellen. Erneut weist Caesar dies zurück, der für Rom und das Imperium eine Zukunft nur unter seiner Alleinherrschaft sieht. Cicero ist der Meinung, daß Caesar sich von seinen römischen Wurzeln und der römischen Geschichte getrennt hat. Brutus versucht, seinem etwas schwerfälligen Cousin Marcus die Notwendigkeit zum Handeln darzulegen.

18. Der bei den Galliern gefangene Brutus hat einen Alptraum, in dem seine Frau und Caesar erscheinen. Er hat Octavius in einem Brief um Hilfe gebeten, aber keine Antwort bekommen.

19. Beim Fest der Lupercalien im Februar versucht Antonius, Caesar eine Krone zu überreichen, doch dieser weist sie zurück, als er das Murren des Volkes spürt, das ansonsten mit seiner Herrschaft aber ganz zufrieden ist. Cassius drängt nach wie vor darauf, Marcus Brutus in das gemeinsame Vorhaben einzubinden. Decimus schlägt dagegen vor, Antonius anzusprechen; dieser will von der Verschwörung zwar nichts wissen, verrät sie aber auch nicht. Auch Ciceros Beteiligung wird auf Brutus' Ratschlag abgelehnt. Brutus schickt seine schwangere Frau aufs Land. Sie will ihn sogar mit Gewalt von der Teilnahme an der Verschwörung abbringen, aber ohne Erfolg.

20. Eine Woche vor den Iden des März treffen sich die Verschwörer, unter ihnen jetzt auch Marcus Brutus. Noch einmal wird darüber debattiert, ob Cicero zur Teilnahme aufgefordert werden soll. In der Frage, ob außer Caesar noch weitere Männer beseitigt werden sollen, insbesondere Antonius und Lepidus, setzt sich Marcus Brutus aus moralischen Gründen gegen seinen Cousin durch, der dringend, aber vergeblich dazu rät, das Gelingen des Anschlags durch weitergehende Pläne abzusichern.

21. Am Abend vor den Iden ist Brutus bei Lepidus eingeladen, wo er auch auf Caesar trifft, der auf die Frage, welchen Tod er sich wünscht, antwortet: "einen plötzlichen". Brutus kann in der Nacht keinen Schlaf finden.

22. Am Morgen finden sich die Verschwörer im Theater des Pompeius, ein wo der Senat tagen soll. Die Stimmung ist etwas gereizt, vor allem, weil Caesar nicht erscheint. Brutus macht sich auf, um ihn zu holen, und überzeugt Caesar, daß er nicht wegen eines unheilvollen Traumes seiner Frau zu Hause bleiben kann. Die Verschwörer erstechen Caesar.

23. Sie haben keine ausgearbeiteten Pläne für die Zeit nach der Tat, sondern ziehen zum Kapitol. Marcus Brutus hält eine wenig effektive Rede an das Volk. Unterdessen hat Antonius versucht, die Lage für sich auszunutzen. Er kann deshalb in einer gewissen Position der Stärke mit den Verschwörern verhandeln und einen Waffenstillstand ausmachen. Brutus erkennt, daß die Chance verpaßt wurde, die Lage im Sinn der Republikaner zu beeinflussen. Antonius wiegelt das Volk bei Caesars Beisetzung gegen dessen Mörder auf. Während Octavius als Caesars Erbe in Italien landet, verlassen die Verschwörer Rom.

24. Brutus hebt als Statthalter von Gallia Cisalpina Truppen aus, doch hat er bald Antonius mit einem Heer gegen sich. Bei Octavius findet er keine Unterstützung, denn der junge Mann hat eigene Pläne. Brutus geht mit seinen verbliebenen Truppen über die Alpen in die Gallia Comata, doch sind die dortigen Generäle Plancus und Pollio auf die Seite des Antonius übergewechselt und zwingen Brutus, in aller Hast zu fliehen, wobei er von Galliern gefangengenommen wird.

25. Schließlich gelangt die Nachricht nach Gallien, daß Octavius, Antonius und Lepidus sich zusammengeschlossen haben. Damit ist Brutus' Schicksal besiegelt, und ihm bleibt nur noch, sich mit dem Dolch das Leben zu nehmen, mit dem er Caesar getötet hat.

Bewertung

Von Massies inzwischen fünf römischen Romanen ist dieser der zeitlich am frühesten angesetzte. Er ist mit den nachfolgenden Büchern über Antonius und Augustus eng verknüpft, unterscheidet sich aber dadurch, daß die Titelfigur nicht selbst erzählt, sondern dies eine andere Person tut, in diesem Fall der spätere Caesarmörder Decimus Brutus. Da er aber kein außenstehender Beobachter ist, sondern in die Ereignisse direkt verwickelt, haben wir auch hier eine subjektive Schilderung, die der moderne Leser trotz ihrer prinzipiellen Quellengenauigkeit nicht für die volle Wahrheit nehmen darf.

Brutus stellt sich als den umsichtigsten der Verschwörer in den Mittelpunkt, wenn er auch zugeben muß, in der Praxis seine Erkenntnisse nicht immer umsetzen zu können (so bei der Beteiligung von Marcus Brutus an der Verschwörung oder der Beschränkung des Anschlags auf Caesar selbst). Die Quellen sehen z. B. Marcus Brutus nicht so negativ wie dies hier sein Cousin tut. (Eine nette Einzelheit ist es, wenn der sterbende Caesar sein berühmtes "Auch du, mein Sohn [hier in der Formulierung "Not you, my son"] nicht zu Marcus Brutus, sondern zu Decimus sagt.) Brutus zeigt schonungslos die menschlichen Schwächen aller Personen, mit denen er umgeht (seinen eigenen allerdings nur indirekt).

Der Roman schildert trotz des Titels nicht Caesars gesamtes Leben; der gallische Krieg und alles davor tauchen nur in kurzen Andeutungen und Rückblenden auf, aber auch weite Teile des Bürgerkriegs werden nur summarisch abgehandelt (trotzdem entsteht insgesamt ein rundes Bild). Stattdessen gibt es lange Erörterungen der Lage Roms unter Caesars Alleinherrschaft, mit oft nur wenig abgewandelten Argumenten. Deutlich wird dabei, daß die Situation keine klare Entscheidungen zuläßt; sowohl die Verschwörer selbst als auch Caesar haben überzeugende Argumente.

Die Atmosphäre unter der Herrschaft Caesars, wie wir sie ansatzweise vor allem aus Ciceros Briefcorpus kennen, wird dabei recht gut wiedergegeben. Caesar verlor die Verbindung mit der Nobilität und kümmerte sich zu seinem Schaden nicht darum, sie zurückzugewinnen. Dazu paßt die oft brüske Art, wie er seine Umgebung behandelt, auch Brutus selbst (z. B. beim Anticato). Dies wird von den Quellen nicht direkt gedeckt, die vielmehr Caesars liebenswürdigen persönlichen Umgang hervorheben, aber bedenkt man, daß Decimus Brutus und andere trotz ihrer Nähe zum Dictator an der Verschwörung beteiligt waren, wird klar, daß Caesar selbst in diesen Leuten, die jahrelang seine Vertrauten waren, keine unbedingte Loyalität hervorrufen konnte.

Obwohl er mit den Quellen und der modernen Literatur gut vertraut erscheint, läßt Massie doch einige Fehler und Ungenauigkeiten zu, die das sonst positive Bild stören. Damit sind nicht die oben schon angedeuteten fiktiven Ausgestaltungen der Persönlichkeiten gemeint (wozu auch das zeitweilige päderastische Verhältnis zwischen Brutus und Octavius gehört), sondern Versehen, wie sie sich schon in der vorangestellten Chronologie und dem Personenverzeichnis finden. So ist die Verbindung Caesars mit Pompeius und Crassus auf 67-66 datiert, mehrere Jahre zu früh. Der spätere Augustus war nicht Neffe, sondern Großneffe Caesars; seine Mutter hieß nicht Iulia, sondern Atia.

Bei "Gaius Cassius Longinus" sind Gentiliz und Cognomen vertauscht, ebenso bei seiner "Longina" statt "Cassia" genannten Tochter (die Ehe einer Tochter des Cassius mit Decimus Brutus ist fiktiv). Pompeius Magnus hatte das Praenomen Gnaeus, nicht "Sextus"; auch die Form "Pompeianus" für ihn und seine Söhne ist apokryph. Kleopatra wird einige Jahre jünger geschildert, als sie war. Dafür ist Cassius zu alt; er war, anders als hier dargestellt, nicht deutlich älter als die beiden Bruti (Kap. 19) und während Crassus unheilvollem Partherfeldzug Proquaestor, nicht Praetor, gewesen (Kap. 6). Clodius Pulcher war zum Zeitpunkt des Caelius-Prozesses noch nicht tot (Kap. 4).

Nicht erst Caesar hatte den Jahresanfang auf den Januar gelegt (Kap. 16). Die Senatssitzung an den Iden des März sollte nicht im Pompeiustheater selbst stattfinden, wie Massie nahelegt, wenn er vom "open space where the actors played" spricht (Kap. 22 am Ende), sondern in der am anderen Ende des weitläufigen Komplexes gelegenen Curia.

In den nach dem Tod Caesars spielenden letzten Kapiteln rafft Massie die Ereignisse stark. Um die (fiktive) Begegnung zwischen Decimus Brutus und Octavian in Orvieto (siehe zum Namen unten) dramatischer zu gestalten, macht er Octavian im Herbst 44 bereits zum Consul (im Augustus-Buch ist die Chronologie korrekt; dafür ist dort von Decimus Brutus kaum die Rede). Wie bei Massie auch sonst (wohl nach dem Vorbild von Graves) gibt es moderne Ortsnamen (Rimini, Gibraltar, Orvieto usw.), aber auch Jahreszahlen der christlichen Ära.

Zitate und Paraphrasen moderner Autoren, wie sie sich in Massies Augustus-Buch zahlreich finden, sind mir nur wenig aufgefallen. (Ein paar Anspielungen auf Shakespeares "Julius Caesar" sind natürlich vorhanden.) Ist es nur Zufall, daß der Name des Galliers Artixes ein Anagramm für "Asterix" ist?

Mitunter fallen englische oder sogar schottische ("bairns") kolloquiale Ausdrücke auf.