Rosemary Rowe

The Germanicus mosaic

London : Headline, 1999; Paperback-Ausg. ebd.

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Inhalt

1. Der in Glevum in Britannien lebende freigelassene Mosaizist Libertus erhält in seiner Werkstatt den Besuch seines hochgestellten Freundes Marcus Aurelius Septimus, der im Stab des Statthalters arbeitet. Im Haus des ehemaligen Centurio Crassus Germanicus, für den Libertus kürzlich einen Mosaikboden gemacht hat, wurde eine Leiche gefunden. Der scharfsinnige Libertus soll den Römer zu Crassus' Villa begleiten und muß deshalb seine eigenen Pläne zurückstellen (er wollte nach seiner Frau suchen, von der er getrennt wurde, als beide vor zwanzig Jahren in die Sklaverei gerieten).

2. Der Tote, der in der Heizung der Villa gefunden wurde, ist offenbar Germanicus selbst, auch wenn das Gesicht verbrannt ist. Am Vortag war Crassus noch in der Prozession beim Fest des Mars mitmarschiert. Alle Sklaven aus der Villa durften zuschauen und waren deshalb in Glevum. Seit ihrer Rückkehr haben sie ihren Herrn nicht mehr gesehen. Der Türhüter Aulus, der als Spion für Marcus arbeitet, berichtet allerdings, daß er vor einiger Zeit mehrmals Soldaten bei heimlichen Besuchen in der Villa gesehen haben will. Gibt es einen politischen Hintergrund für den Mord?

3. Libertus übernachtet in der Villa und befragt am Morgen den Barbiersklaven Paulus, der von seinem strengen Herrn oft mißhandelt wurde. Er berichtet, daß vor einiger Zeit Crassus' zum Christentum konvertierter Bruder Lucius in der Villa war, ferner zu anderer Zeit auch eine Frau, Regina, die behauptete, mit Crassus verheiratet zu sein. Paulus gibt zu, während des Marsfestes nicht bei den anderen Sklaven gewesen zu sein, bestreitet aber wenig überzeugend, ein Anhänger der verbotenen Religion der Druiden zu sein.

4. Der Verwalter des Gutes, Andretha, ist damit beschäftigt, die Leiche zu säubern. Er überlegt, ob der Tote in Wirklichkeit nicht der gleichzeitig mit seinem Herrn verschwundene Leibsklave Daedalus ist, aber Libertus kann dies wegen der rasierten Beine der Leiche ausschließen.

5. Libertus hat das Gefühl, heimlich verfolgt zu werden. Von Aulus erfährt er, daß ein weiterer Sklave während der Prozession eigene Wege gegangen ist, der Lautenspieler Rufus, der eine Beziehung mit einer Sklavin des Haushalts hat.

6. In einer verfallenen Rundhütte, die Rufus' Liebesnest war, findet Libertus ein Stück von einem Schuppenpanzer. Aulus berichtet, daß Crassus in seinem Testament die Freiheit für Andretha und Daedalus vorgesehen hatte (letzterer hatte offenbar während ihres Aufenthalt in der Villa eine Affäre mit Regina).

7. Libertus befragt Rufus, der Crassus haßte, weil er seine Freundin Faustina mißhandelte. Als er die Quartiere der Sklaven durchsucht, wird Libertus niedergeschlagen.

8. Er erwacht am nächsten Tag aus der Bewußtlosigkeit. Nachdem Aulus ihn gefunden hat, haben Faustina und sein herbeigerufener Sklave Junio ihn gepflegt. Faustina beteuert, daß Rufus nicht der Mörder sei. Sie selbst hat von Regina einiges über Heilkräuter und Gifte gelernt.

9. Libertus berichtet Marcus von seinen Ermittlungen: Mehrere Sklaven waren nicht bei der Prozession, bei der vielleicht gar nicht Crassus mitmarschiert ist, sondern Daedalus, der seinen Herrn gut nachahmen konnte (die Teilnehmer der Prozession trugen Masken). Crassus hat seinen Bruder Lucius testamentarisch als Erben eingesetzt.

10. Junio hat in Paulus' Quartier ein Rasiermesser mit Blutresten gefunden.

11. Paulus gibt zu, daß es sein Messer ist, bestreitet aber, mit dem Mord etwas zu tun zu haben.

12. Bei den Vorbereitungen zur Trauerfeier fällt auf, daß die Statuette des Genius paterfamilias verschwunden ist. Rufus gesteht, daß er ihn am Tag des Festes zerbrochen gesehen und später auch das Verschwinden bemerkt hat.

13. Auf Libertus' Bitten wird Rufus nicht bestraft. Ein Gast bei der Leichenfeier erwähnt, daß Crassus (?) beim Fest einen anderen Centurio getroffen hat. Der Leichnam von Crassus wird verbrannt, die Asche beigesetzt.

14. Am nächsten Morgen überlegt Libertus, ob Daedalus mit Crassus' Wissen dessen Stelle bei der Prozession eingenommen hat und sich seitdem versteckt. Außerdem kommt der Verdacht auf, daß Faustina eine Giftmischerin ist, zumal man eine Phiole im Abfall gefunden hat.

15. Andretha gesteht, daß er Crassus betrogen hat, um seine Freiheit zu kaufen. Jetzt wollte er den Fehlbetrag aus Crassus' verschwundener Schatzkiste ausgleichen, weil er nur bei korrekter Abrechnung testamentarisch freigelassen wird.

16. Mit Junio geht Libertus noch einmal zur Rundhütte und findet dort die Haarnadel einer Frau. Von einem Soldaten wird er zur Hütte zurückgeholt. Man hat Daedalus' Leiche im Fluß gefunden, erstochen und beraubt. Marcus verkündet, daß Rufus den Mord an Crassus gestanden hat.

17. Libertus befragt Rufus, der zugibt, jemanden beauftragt zu haben, seinen Herrn umzubringen. Er will auf jeden Fall die unschuldige Faustina schützen.

18. Marcus und Libertus kehren nach Glevum zurück. Dort findet Libertus heraus, daß Rufus während der Prozession in einem Schrein des Gottes Nodens war und dort offenbar ein Fluchtäfelchen geweiht hat, um seinem Herrn zu schaden.

19. Am nächsten Morgen reist Libertus zu Lucius, der als Eremit nahe bei einem keltischen Bauernhof lebt.

20. Lucius verkauft die Villa seines Bruders an Marcus, um mit dem Erlös eine christliche Kirche zu bauen. Er verspricht, die Sklaven nicht zu bestrafen, und gibt Libertus den Rat, nach Faustina zu suchen, die bei Eburacum wohnt.

21. Nach der Rückkehr kommt Libertus in einem Gespräch mit Junio die Idee, daß das Mosaik, daß er in aller Eile für Crassus legen mußte, etwas verbergen sollte.

22. Mit Junio reist er zur Villa und läßt das Mosaik aufgraben. Darunter findet sich die Leiche Reginas, die vielleicht von Daedalus ermordet wurde; jedenfalls hat man die beiden zusammen gesehen (vgl. Kap. 6).

23. Aulus hat den Kopf einer Statuette gefunden, den wohl Paulus in einem Baum verborgen hat, wie es druidische Sitte ist. Paulus ist seit einigen Tagen verschwunden, und Libertus vermutet, daß er zu Lucius geflohen ist.

24. Er überredet Marcus, mit ihm und Junio zu Lucius zu fahren. Bei dem Eremiten ist tatsächlich Paulus, den Libertus von den mitgebrachten Soldaten festnehmen läßt; er beschuldigt ihn aller drei Morde.

25. Aber als Libertus anschließend mit Lucius speist und trinkt, erzählt er ihm seine eigentlichen Schlüsse: Lucius wußte, daß sein Bruder seinen Vorgesetzten vergiftet hatte, um Centurio zu werden. Er schickte Regina zu Crassus, der sie ermordete. Der Tote in der Villa ist nicht Crassus, sondern sein Bruder Lucius.

26. Der Einsiedler, tatsächlich also Crassus, greift Libertus an, der vorgibt, vergiftet zu sein, und leblos zu Boden sinkt. Tatsächlich hat er aber das vergiftete Essen ausgetauscht, und Crassus fällt seinem eigenen Anschlag zum Opfer. Libertus bringt den in der Eremitenhöhle gefundenen Schatz in Sicherheit und läßt den angeblichen Lucius christlich bestatten.

27. Paulus hat mit den Morden nichts zu tun, auch wenn er tatsächlich in Verbindung mit Druiden steht. Auf dem Rückweg nach Glevum erklärt Libertus Marcus die Ereignisse: Crassus hat nach dem Mord an Regina auch seinen Bruder getötet und dazu das Fest ausgewählt, bei dem Daedalus seinen Platz einnahm. Danach gab er sich für seinen Bruder aus, in der Absicht, nach einiger Zeit mit dem geretteten Schatz ein neues Leben zu beginnen. Libertus erklärt die zahlreichen Hinweise, die ihn eigentlich schon früher die Vorgänge hätten erkennen lassen müssen.

28. Als Belohnung erhält Libertus zwei Sklaven aus dem Besitz von Crassus. Er will Rufus und Faustina die Freiheit geben. Andretha wird Sklave bleiben (er war es, der Libertus niederschlug), ebenso wie Paulus.

Bewertung

Der erste Roman einer seitdem auf vorerst vier Bände angewachsenen Serie zeigt uns einen Detektiv, der im Gegensatz zu den meisten seiner römischen Kollegen weder aus der Oberschicht[[1]] noch wenigstens aus der Stadt Rom kommt. Als Freigelassener steht er, wie dieser Roman teilweise gut vermittelt, in einer gewissen Zwischenposition; er ist römischer Bürger (und wird explizit als solcher angeredet), aber zumindest sentimental noch mit seinen einstigen Standesgenossen, den Sklaven, verbunden. Der praktischen Durchführung der Ermittlungsarbeit kommt diese Stellung durchaus zugute.

Die Krimihandlung kann trotzdem nur eingeschränkt überzeugen. Sie macht einen recht mechanisch konstruierten Eindruck, was an den sehr zahlreichen clues deutlich wird, unter denen sich einige red herrings wie der Statuettenkopf befinden. Anders als bei den Romanen von Saylor oder Davis gibt es kaum Nebenhandlungen, die vom Gang der Ermittlung ablenken. Rowe steht hier eindeutig in der britischen Tradition des whodunnit etwa einer Agatha Christie. Lediglich die teilweise etwas ironischen Bemerkungen ihres Ich-Erzählers erinnern an Detektive wie Falco oder Decius Metellus.

Die historischen Bestandteile des Romans halten sich in Grenzen. Zwar ist die Handlung örtlich wie geographisch genau bestimmt, das römische Britannien zur Zeit des Commodus gibt aber im wesentlichen nur den Hintergrund ab. Es gibt einige Ausführungen über Realien, die im wesentlichen korrekt sind, auch wenn verschiedene Einzelheiten zweifelhaft erscheinen.

»Libertus« ist als Name eines Freigelassenen sehr einfallslos. Die Namensgebung erscheint auch sonst seltsam (»Longinus Flavius Libertus«, »Crassus Claudius Germanicus«); in britischer Tradition erscheint »Caius« statt des üblicheren Gaius (5; die betreffende Person wird später [208] »Cassius« genannt).

Wie Steven Saylor legt auch Rowe großen Wert auf eine ungeschönte Darstellung der oft erbärmlichen Umstände, unter denen antike Sklaven ihr Leben fristen mußten. Wenn sie aber impliziert, daß Sklavenkinder oftmals einfach getötet wurden (89), dürfte dies übertrieben sein, waren vernae doch stets eine wichtige Quelle für den Sklavennachschub.

Bärte waren nicht nur eine kurze Mode (110) seit Hadrian, sondern auch noch zur Zeit der Geschichte üblich. Wie zahllose Autoren verwendet Rowe »patrician« im untechnischen Sinn. Anachronistisch oder zumindest mißverständlich sind Begriffe wie »rune reader« (2), »hessian aprons« (19), »lute player« (29). Als Lateinfehler fallen auf »terratorium« (91) und »librarium« für den ganzen Bibliotheksraum, nicht nur die Bücherbehältnisse.

Weitere Meinungen

Celia Ellis, The Historical Novel Review (May 1999), auch http://www.stockton.edu/~roman/fiction/rowe.htm:

»[...] As a murder-mystery I found the story lacked pace and tension [...] For me, Libertus (the protagonist) did not come to life – perhaps because the story is told in the first person. [...]«

Hingewiesen sei auch auf die »Reading Group Discussion Questions« von Nina und Edna di Angeli, http://mywebpages.comcast.net/monkshould/Read&Discuss-Rowe.html, die Anregungen zum eigenen Nachdenken über literarische und historische Fragen geben, die der Roman aufwirft.

Anmerkungen

[[1]] Zumindest, was die römische Oberschicht betrifft. Libertus erwähnt mehrfach, daß er vor seiner Versklavung ein vornehmer Kelte gewesen ist.(zurück)