Ernst von Wildenbruch

Claudia’s Garten : eine Legende

Berlin : Grote, 1896; 16. Aufl. 1908

(Zur Inhaltsangabe)

Bewertung

Zu Recht hat Wildenbruch sein kleine Werk "Legende" genannt und nicht etwa "Erzählung" oder "Novelle". Der historische Hintergrund bietet nur den Vorwand für eine Geschichte von der Macht des christlichen Glaubens. Der Autor hält sich weitgehend an die bekannten Quellen (ein Fehler: Burrus war beim Brand Roms längst nicht mehr Praetorianerpraefect [23]); Priscilla und Aquila werden in der Apostelgeschichte und im Römerbrief des Paulus erwähnt.

Der religiöse Inhalt des Werks soll hier nicht kommentiert werden. Aber ein wenig seltsam wirkt die Bekehrung des corporis custos schon, der nebenbei bemerkt alle Klischees aufweist, die man sich so von einem Germanen machen kann. Eine Bemerkung verdienen auch die großenteils einfach nur lächerlich wirkenden Bilder (der langbärtige Aquila auf S. 57 erinnert fatal an den mit einem Kopftuch bedeckten Druiden in Asterix und Kleopatra ...) Die neronische Christenverfolgung war gerade ein Jahr zuvor schon von Sienkiewicz in seinem sofort berühmten Quo vadis dargestellt worden; zu vermuten ist, daß Wildenbruch sich von ihm anregen ließ.

Volltext

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Inhalt

Kurz nach dem Brand Roms veranstaltet Nero in den Gärten auf der rechten Tiberseite ein großes Fest für die Bevölkerung. Auf dem Höhepunkt kehrt der Kaiser in Begleitung seiner germanischen Leibwächter in seinen Palast zurück, ebenso die Römer, die sich mehrheitlich daran ergötzt hatten, wie die vermeintlichen Brandstifter hingerichtet wurden, die Christianier, eine verrufene Sekte aus dem Osten. Sie wurden an Pfähle angebunden und verbrannt. In der Nacht schleichen sich heimlich die nicht festgenommenen Christianier in den Garten und bestatten die Überreste ihrer Glaubensbrüder. Unter den Toten ist, von den Flammen verschont, aber durch einen Stich ins Herz getötet, die junge Claudia.

Zu den Überlebenden gehört auch das Ehepaar Priscilla und Aquila. Die alten Leute erhalten in ihrem Haus überraschenden Besuch von einem der germanischen Leibwächter. Er will sie jedoch nicht festnehmen, sondern befragt sie nach Claudia und dem ewigen Leben, an das die Christianier glauben. Wie sich allmählich herausstellt, war er am Vorabend dazu eingeteilt gewesen, das um Claudia geschichtete Reisig anzustecken. Doch er konnte nicht glauben, daß die junge Römerin eine Brandstifterin sein sollte. Sie erzählte ihm vom Garten des Paradieses, in den sie nun bald kommen werde. Als der Germane den Holzstoß anstecken sollte, weigerte er sich zunächst und erlöste Claudia dann durch einen Schwertstoß von ihren Qualen. Sie hatte ihm aufgetragen, zu Priscilla und Aquila zu gehen, um sich taufen zu lassen und so mit Claudia vereint zu sein.

Kurz nach der Taufe erscheinen drei Praetorianer und wollen die Christen festnehmen. Der Germane verteidigt sie, wird aber im Kampf tödlich verwundet. Den Namen Claudias auf den Lippen, stirbt er mit einem Lächeln.

28. Oktober 2008: Volltext; Reihenfolge umgestellt.