David Wind

The last days of Pompeii

London : Panther, 1985
Dt. Übers.: München : Knaur, 1985

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Inhalt

1. Die Priesterschaft der Isis, darunter die schöne Ione, ihr Bruder Antonius sowie die Priester Calenus und Arbaces, zieht in prunkvoller Prozession durch Pompeii, um ein Schiff des neureichen Kaufmanns Diomed zu segnen. Am Hafen ist auch der junge griechische Adlige Glaucus angekommen und trifft seine Freunde Clodius, Sallust und Lepidus wieder. Das blinde Blumenmädchen Nydia freut sich über seine Rückkehr.

2. Medon, ein Sklave Diomeds, besucht den Segelmacher Olinth, wie er ein Christ. Glaucus und Clodius suchen den Isistempel auf. Glaucus ist ganz fasziniert von der schönen Ione, die Arbaces zur Priesterin machen will. Die Prostituierte Chloe soll am Abend bei der Feier des Diomed tanzen, in dessen Sklaven Petrus sie verliebt ist.

3. Im Amphitheater finden Spiele statt, bei denen zuerst der Gladiator Sporus siegt, dann der junge germanische Draufgänger Gar, schließlich Lydon, der Liebling der Massen. Anschließend werden einige Christen den Löwen vorgeworfen. Nach dem Kampf treffen die Gladiatoren sich in der Schenke von Burbo und Stratonice.

4. Beim Fest Diomeds sind auch Glaucus (mit dem Diomed seine Tochter Iulia verkuppeln will) und Clodius (auf den Iulia selbst ein Auge geworfen hat). Uneingeladen erscheint Arbaces und verspricht Diomed die Unterstützung des Isiskults bei seinem weiteren Aufstieg. Lydon erscheint; sein ehemaliger Herr Diomed will ihn beim Tanz der Chloe zum Narren machen. Lydon muß von Nydia getröstet werden.

5. Glaucus bemüht sich um Ione, die Arbaces aber endgültig für den Isiskult gewinnen will.

6. Stratonice will Nydia verkaufen, weil sie sich weigert, als Hure zu arbeiten. Lydon möchte sie befreien, findet aber keine Unterstützung bei seinen Kameraden. Statt seiner kauft aus einem Impuls heraus Glaucus die Blinde. Olinth wird festgenommen und beschuldigt, Christ zu sein. Der Magistrat Gaius zögert, der Hetze des Arbaces gegen die Christen nachzugeben.

7. Glaucus versucht, Iones Liebe zu erwecken, aber noch sträubt sie sich. Er ringt zum Spaß mit Lydon und hilft Chloe, Feuerholz wieder aufzusammeln, das ein Sklave vor den Stabianer Thermen fallengelassen hat. Lydon besucht auf Glaucus' Einladung Nydia, die seinem Liebeswerben aber nicht nachgibt.

8. Glaucus und Clodius besuchen den Senator Gaius und seine Frau Fortunata in ihrer Villa am Hang des Vesuv, um etwas über Arbaces zu erfahren, doch Gaius gibt sich schweigsam. Lydon kämpft auf dem Übungsplatz mit Sporus, der in ihn verliebt ist. Während die Gladiatoren zu einer Reise durch Campanien aufbrechen, schickt Glaucus gegen ihren Willen Nydia zu Ione, um ihr zukünftig Gesellschaft zu leisten.

9. Ione und Glaucus machen eine Bootspartie. Die Christen erhalten Besuch vom alten Joseph, der noch Jesus gesehen hat. Die alte Dirne Xenia bekommt dies aber mit und informiert die Isispriester, die mit Hilfe der Magistrate gegen die Christen vorgehen wollen. Die Stadtwache überfällt die christliche Versammlung und metzelt viele nieder, darunter Joseph. Olinth, Petrus und Chloe können entkommen, doch Petrus wird später von einem der Soldaten erkannt und festgenommen.

10. Chloe wendet sich an Glaucus um Hilfe, der zunächst ablehnt, dann aber der mitleidigen Ione zuliebe mit einer List und Diomeds Hilfe Petrus aus dem Gefängnis befreien kann.

11. Bei einem Ausflug zum Vesuv ist Ione bereit, Glaucus' Drängen nachzugeben, doch ein Erdbeben überrascht die beiden. Sie fliehen in die Villa von Gaius und Fortunata, die Glaucus den dringenden Rat geben, Ione dem Einfluß von Arbaces zu entziehen. Dieser rät unterdessen Diomed, Iulia mit Glaucus zu verkuppeln, um dessen Verbindung mit Ione zu verhindern. Iulia ist freilich störrisch, weil sie Clodius liebt.

12. Arbaces begegnet bei Antonius und bei Ione gewissen Zweifeln am Isiskult, denen er entgegentreten will, um die Gewalt über die Geschwister zu behalten. Nydia bringt Julia eine Halskette, die Glaucus Ione geschenkt hat. Als Julia sich damit bei Ione sehen läßt, zweifelt diese an der Ernsthaftigkeit von Glaucus' Absichten ihr gegenüber. Glaucus ist überrascht, als Nydia ihm mitteilt, Ione wolle ihn nicht mehr sehen. Die Gladiatoren kehren zurück; Lydon stößt bei Nydia nach wie vor nicht auf Gegenliebe.

13. Julia verführt Glaucus und streut das Gerücht aus, die beiden wollten heiraten, wie es ihr Vater und Arbaces wünschten. Als Petrus, jetzt im Dienst des Glaucus, sich weigert, die Statue des neuen Kaisers Titus zu verehren, wird er wieder als Christ festgenommen und gefoltert. Antonius macht Glaucus Vorwürfe wegen der angeblichen schlechten Behandlung seiner Schwester. Glaucus nimmt ihn zu Gaius mit, der Antonius über die Vergangenheit des Arbaces aufklärt, der am Tod der Eltern von Antonius und Ione schuld war.

14. Antonius will Arbaces zur Rede stellen; der Isispriester läßt ihn aber unter Drogen setzen und in einer theatralischen Inszenierung von Xenia und Chloe verführen. Chloe schämt sich für ihre Mitwirkung und flieht mit Antonius aus dem Isistempel. Sie bringt ihn zu Olinthus, wo sie den gefolterten Petrus findet. Olinthus erzählt Antonius vom Christentum.

15. Glaucus sucht Ione auf, die in Sorge um ihren verschwundenen Bruder ist. Antonius begegnet Arbaces, der ihn ermordet. Als zufällig Glaucus hinzukommt, stellt Arbaces es so da, als sei dieser der Täter. Fortunata versucht, Ione von Arbaces' Schuld zu überzeugen.

16. Chloe und Olinth erzählen Ione und Nydia von den Vorgängen vor Antonius' Tod. Arbaces intrigiert, um eine Verurteilung des Glaucus zu erreichen, und benutzt dazu Diomed und Clodius, dem er verspricht, seine Verbindung mit Julia zu sichern. Glaucus wird auf Betreiben des Arbaces zum Tode verurteilt. Wie der als Christ festgenommene Olinthus soll er in der Arena sterben, bei Spielen, die Diomed veranstaltet, um sich beliebt zu machen.

17. Lydon will sich weigern, gegen Glaucus anzutreten. Die Anhänger der Isis suchen nach den Christen. Lydon warnt die im Haus des Olinthus versammelte Gemeinde (darunter auch Ione und Nydia) und verteidigt sie mit der Waffe. Dabei kommt Petrus um; die anderen können fliehen. Ione geht zum Amphitheater und spricht mit Glaucus in seiner Zelle. Lydon, Nydia und Chloe finden Unterschlupf beim Maler Philos.

18. Chloe und Philos sehen, wie Ione gegen ihren Willen von Calenus in den Isistempel gebracht wird. Calenus will Arbaces erpressen, weil er Zeuge des Mordes an Antonius war, aber Arbaces schlägt ihn nieder. Gaius, der sich nicht aufraffen kann, etwas gegen Arbaces zu unternehmen, begeht Selbstmord. Clodius und Julia finden zueinander. Während die ganze Stadt im Amphitheater ist, dringt Chloe in den Tempel ein, um nach Ione zu suchen. Statt ihrer findet sie den eingesperrten Calenus, der verspricht, gegen Arbaces auszusagen, wenn man ihn befreie.

19. Julia und Clodius wollen gemeinsam fliehen, als Nydia ihnen von Calenus' Versprechen berichtet. Der Gladiatorenkampf beginnt. Gegen seinen Willen muß Sporus den jungen Gar töten. Lydus und Glaucus müssen doch gegeneinander kämpfen. Iulia versucht, ihren Vater zum Abbruch des Kampfes zu bewegen, und Clodius bringt Calenus, aber Lydon ist dennoch kurz davor, Glaucus den Todesstoß versetzen zu müssen, als nach fortwährenden Erdbeben der Vesuv ausbricht. Alle fliehen; Arbaces ermordet Clodius.

20. Lydon findet seinen verschütteten Vater Medon. Olinth entkommt aus dem Kerker. Arbaces eilt zum Tempel, wo ihn Chloe tötet. Glaucus und Nydia befreien Ione. Sie können sich zu Glaucus' Schiff retten, ebenso wie Lydon und Olinthus, während Medon und Chloe umkommen.

Epilog: Glaucus und Ione sind nun ebenso vereint wie Lydon und Nydia, die sich Chloes kleinem Kind angenommen haben. Olinthus sieht im Untergang Pompejis eine Vorahnung vom Fall des römischen Reiches.

Bewertung

Winds Buch dürfte eigentlich nicht als eigenständige literarische Leistung betrachtet werden, denn es ist lediglich die "novelization" einer Fernsehserie und beruht laut Aussage des Titelblatts auf deren Drehbuch, das von Carmen Culver stammt, die sich wiederum auf den berühmten Roman von Bulwer-Lytton bezog, von dessen Handlung sie aber in vielen Fällen abwich, wie sich auch am Werk von Wind zeigt.

Die Unterschiede zum Roman Bulwers sind denn auch der interessanteste Punkt bei einer Besprechung dieses ansonsten eher dem Bereich der Gebrauchsliteratur angehörenden Buchs. Wind/Culver haben den größten Teil der Personen Bulwers übernommen, wenn auch mit einigen Namensänderungen (der offenbar zu fremdartige "Apaecides" wurde zu Antonius), und einige weitere hinzugefügt. Ebenso haben sie die Grundzüge der Handlung nicht verändert (Glaucus' Bemühen um Ione, der finstere Arbaces, Glaucus' Kampf in der Arena im Moment des Vesuvsausbruchs), aber in vielen Einzelheiten dem angepaßt, was sie für den Geschmack eines heutigen Lesers/Zuschauers halten mögen.

Die wichtigsten Änderungen seien kurz zusammengestellt:

Generell sind Handlung und Stil stark vulgarisiert. Dies ist natürlich auch zeitbedingt, ebenso die drastischere Darstellung des Sexuellen, die mehrfach pornographisch wird.

Während die bisher geschilderten Unterschiede zu Bulwers Original sich auf Handlungsverlauf und Personenschilderung beschränkten, sind Culver und Wind auch beim historischen Kontext gescheitert, den sie äußerst schlecht wiedergeben. Ein ständiger Gegensatz von Adligen (neben Clodius, Gaius, Ione und Antonius auch Glaucus) und Emporkömmlingen, vor allem Diomed, findet sich zwar ansatzweise auch bei Bulwer, wird hier aber zu einem Hauptmotiv für den Roman. Arbaces verspricht Diomed, ihm den Aufstieg in höchste römische Kreise zu sichern. Ich will gar nicht erst spekulieren, wie das in der historischen Wirklichkeit hätte aussehen sollen, denn einen solchen Erzbösewicht wie Arbaces kann man in der Realität nirgendwo unterbringen. Auf die ständigen Christenverfolgungen wurde schon hingewiesen. Historische Realien sind ebenso des öfteren falsch (Wind scheint eine Toga als einfaches Kleidungsstück anzusehen; Frauen tragen Blusen [S. 276]; die Stadtverwaltung ist erwartungsgemäß ebenso verzerrt dargestellt wie die des Reiches), wenn auch einzelne Bereiche überraschend gut wiedergegeben sind (manche Szenen unter den Gladiatoren).

Wir haben de facto die "Reader's Digest"-Ausgabe eines Klassikers vor uns, zum schnellen Verbrauch bestimmt. Das Merchandising bei Filmen- und TV-Serien gehorcht eben eigenen Gesetzen, die nichts mit Literatur oder Anspruch auf historische Bildung zu tun haben. Bulwers Werk hat eine solche "Popularisierung" auf unterstem Niveau wirklich nicht verdient. Interessant wäre es aber, ältere Bearbeitungen des Werks (z. B. von O. Höcker, Berlin 1889 u. ö), vergleichend danebenzuhalten.